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Das
Didgeridoo
Das
Didgeridoo - ein Vermächtnis der australischen Ureinwohner-
ist wahrscheinlich das älteste Musikinstrument der Erde. Das
faszinierende Blasinstrument, das wir den Aborigines aus dem Norden
Australiens verdanken, wurde in Abbildungen von Höhlenmalereien
vorgefunden, die mindestens 20.000 Jahre alt sind.
Das traditionelle Didgeridoo, auch Yidaki genannt, wird aus einem
bereits von Termiten ausgehöhltem 1 bis 2,5 Meter langem Ast
eines Eukalyptusbaumes angefertigt. In seiner ursprünglichen
Bedeutung war das Didgeridoospiel nur wenigen Männern des Stammes
vorbehalten, hatte eine große sakrale Bedeutung und fand nur
bei besonderen Zeremonien Verwendung. Andere Stämme stellten
das Didgeridoo-Dreaming in den Vordergrund, d. h. Legenden und Rituale
aus der Traumzeit, der Schöpfungs- und Urzeit der Aborigines
wurde über das Musizieren des Instrumentes oft auch von Frauen
gepflegt und überliefert. |
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"At the heart of everything is the land. It is the way we think and feel about the land that makes us Aboriginal. It is the only way to keep our culture" |
Eine der vielen Mythen aus der Traumzeit erzählt, dass dieses
archaische Instrument mit seinem urigen Sound schon beim Entstehen
der Welt eine wichtige Rolle gespielt haben soll. Während der
Erschaffung der Welt wurden die Wawilak-Schwestern, zwei widrige
Schöpfungswesen, und deren zwei Söhne, von der Regenbogenschlange
Yurlunggur verschlungen. Bald darauf musste Yurlunggur jedoch feststellen,
dass der Schöpfungsprozess nicht ohne die beiden Schwestern
stattfinden konnte und spuckte die vier wieder aus. Da erhob sich
das Didgeridoo, die Trompete der Regenbogenschlange aus eigener
Kraft aus dem Teich empor und hauchte den Wawilak-Schwestern, sowie
ihren Söhnen neuen Lebensatem ein. Somit war der Bann gebrochen
und die Schöpfung der Welt konnte weitergehen.
Das Didgeridoo erlebt seit Jahren weltweit einen noch nie dagewesenen
Boom. Vielleicht ist das heutzutage global zunehmende Interesse
am Didgeridoo ein Zeichen des sich ändernden Bewusstseins der
Menschen. Immer mehr Menschen machen sich auf die Suche nach dem
Sinn und Wesen des Lebens. Spirituelle Sichtweisen verschiedensten
Richtungen deuten auf die tieferliegende Motivation der Suchenden:
ein Leben in mehr Bewusstheit und Achtsamkeit mit genug Raum für
intuitives Handeln, sowie kreatives Leben und Handeln definiert
Maßstäbe, nach denen sich der neuzeitliche Mensch orientiert.
Aber
was ist es denn, was der fortschrittliche, weltoffene Mensch unserer
Zeit tatsächlich sucht? Ist es denn nicht der Weg in die eigene
Mitte? Ist es denn nicht die Kontaktfähigkeit, uns selbst und
unseren Mitmenschen gegenüber, die uns verloren gegangen ist?
Ist es nicht vor allem die Fähigkeit, wahrhaftig und gegenwärtig
zu sein, die uns erfüllt und das Gefühl von Ganzheit erfahren
lässt? Offensichtlich sind uns diese essentiellen Qualitäten
in unserer schnelllebigen westlichen Kultur abhanden gekommen.
Beim Betrachten und Erforschen solch existenzieller Fragen wird
der Zusammenhang zu dem exotischen Blasinstrument Didgeridoo, Vermächtnis,
einer der ältesten und reichsten Kulturen unseres Planeten,
im Folgenden klarer werden. Wie kein anderes Instrument vermittelt
das Didgeridoo sehr direkt und konkret zwischen der inneren und
äußeren Welt des Spielenden. Und zwar in Bezug auf sein
eigenes Musizieren und der Wahrnehmung dessen, ebenso wie auf die
Zuhörerschaft. Alle erzeugten Töne und Akzente werden
im, bzw. aus dem Körper des Didgeridoo-Spielers erzeugt und
über die Atemluft als fundamentaler Teppich transportiert.
In diesem unkonventionellen Prozess des Musizierens, welches die
Gleichschaltung der linken und rechten Hemisphäre des Gehirns
erlaubt, können Gefühle und Gedanken aller Art sprichwörtlich
"ausgedrückt" werden. Ein Effekt, der meist als sehr
befreiend empfunden wird. Die andere, wesentliche Qualität,
welche das Urinstrument immer wieder aufs Neue zu lehren vermag,
für den, der sich immer wieder darauf einlässt, ist eben
dieser Zustand von Fülle und Grenzenlosigkeit, der sich aus
dem "Nichtstun", aus dem einfach nur "Dasein"
und "Geschehen lassen" entwickelt.
Auch die für das Didgeridoospiel erforderliche Permanent-
bzw. Kreisatmung, man spielt, ohne den Ton abbrechen zu lassen über
einen längeren Zeitraum, verstärkt dieses Gefühl
von Präsenz und Gegenwärtigkeit und vermittelt ein Gefühl
der Zeitlosigkeit. Die besondere Atemtechnik spielt eine weitere,
zentrale Rolle mit weitreichenden Auswirkungen auf Körper,
Geist und Seele. Ähnlich wie bei alternativen Therapiemethoden,
wie z. B. dem Rebirthing, ist die Atmung der Schlüssel zu ungeahnten
Energiereserven. Die vermehrte und bewusste Atmung versorgt darüber
hinaus den ganzen Organismus mit mehr Sauerstoff und Energie. Der
stark meditative- oder tranceinduzierende Zustand, der bei Spieler
und Zuhörer gleichermaßen ausgelöst werden kann,
vermag eine neue, unbekannte Seinsqualität erfahrbar zu machen.
Die östliche, ganzheitliche Medizin sagt, dass alle Akupunkturmeridiane
auf den Lippen repräsentiert sind. Die beim Didgeridoospiel
vibrierenden Lippen öffnen und regen diese Energiebahnen an.
Dadurch beginnt die Lebensenergie "Chi" wieder freier
zu fließen (siehe "Life Energy Music" Vol. I, Dr.
Diamond). Ferner scheinen beim Spielen Schwingungen zu entstehen,
die auf die Organe des Körpers übertragen werden und dabei
eine heilende Wirkung auf Krankheiten haben können (s. Cymatics
- "Study of Sound Matter", Dr. H. Jenny).
Erlernbar von jedermann, sogar von scheinbar unmusikalischen Menschen,
bietet das Didgeridoo ungeahnte Möglichkeiten für Jung
und Alt, die Kreativität und die innere Musik zu entdecken,
hörbar und fühlbar zu machen. Unser Körper ist vielen
Rhythmen unterworfen. Durch das Didgeridoo werden diese musikalisch
umsetzbar. Obwohl es nicht nötig ist, Noten zu erlernen, kann
das Didgeridoospiel dennoch ebenso melodisch wie perkussiv sein.
Das Didgeridoo mit seiner erdenden, sinnlichen und gleichermaßen
vitalisierenden Wirkung ist das Kultinstrument der heutigen Musikszene.
Anerkannte Künstler und Bands, wie Tracy Chapman, Midnight
Oil, Jamiroquai und Dead Can Dance, um nur einige aus den verschiedenen
Stilrichtungen der internationalen Musikszene zu nennen, greifen
auf die Verwendung des archetypischen Didgeridoos in ihren Kompositionen
zurück.
Das Didgeridoo fungiert bei den für ihre Rechte kämpfenden
Aborigines, die noch Kraft und Hoffnung haben, ihre Kultur zu retten
und zu erhalten als Sprachrohr, um auf die Situation ihrer Rasse
in Australien aufmerksam zu machen.
Das war die Voraussetzung, dass das Didgeridoo (oder Yidaki), die
Welt erobern konnte.
Die geheimnisvolle Musik des Didgeridoos berührt die Herzen
der Menschen und ruft das spirituelle und weltliche Erbe einer Kultur
in Erinnerung, die vom weißen Mann fast vollständig ausgerottet
wurde.
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